AT | GF | Mannersdorf/March | Ziegelwerk

Ansichtskarte anno 1914 [1] des ehem. Ziegelwerkes Gutmann, Boschan & Cie [2] bzw. Pisk, Turetschek [3].

Einen guten Überblick über die historischen Ziegelwerke des Marchfeldes gibt Quelle [3]. Die hier behandelte Ziegelei wird hier unter Mannersdorf 3 geführt und wie folgt beschrieben:

“Die ersten einschlägigen Einträge in den Matriken der Pfarre Mannersdorf finden sich 1870, wo am Ziegelofen Laurenz Nürnberger und Barbara, geb. Mihaker, tätig waren, und 1871 am Gemeindeziegelofen mit Franz Leder und Marianne, geb. Leder. Im Dezember 1871 verpachtete die Gemeinde die Parzelle 58/17 (siehe Mannersdorf 2) und verkaufte die Parzellen 56/1 Acker und 56/2 Weide mit den Bauparzellen 153 Arbeiterwohnung, 154/1 Wohngebäude, 154/2 und 154/3 Barake [sic!], 155 Ringofen, 158/1, 158/2 und 158/3 (jeweils) Maschinhaus an Johann Schieder aus Wien (4).Die drei Maschinhäuser standen auf der Grundparzelle 57/1 Gemeindeweide, die der unter Mannersdorf 1 beschriebenen Lehmgrube großteils entspricht. Die Katastralmappe von 1869 weist hier bereits den Ringofen aus, auch die entsprechende Grundbuchseinlage wurde mit Ringofen-Ziegelei in Mannersdorf betitelt (5). Heute erstreckt sich das Areal auf die Parzellen 453/1 bis 453/48, 475/1, 475/35 und 475/36.Ab 1872 werden in den Taufprotokollen zahlreiche ZiegeleiarbeiterInnen genannt, beginnend mit Hermann Eggert, Polier in der Ziegelei hierorts und dem Ziegelmeister Johann Sprinzer. Beinahe auf jeder Seite ist die Adresse Baracke der Ziegelei oder Ziegelwerk zu finden.

Im Handelsregister waren 1872 Karl Ritter von Boschan aus Angern, David Gutmann und Dr. Josef Jeannée aus Wien sowie Johann Schieder aus Wien – auch er wurde später zum Ritter geadelt – als Gesellschafter der Mannersdorfer Ziegelei von Gutmann, Boschan und Cie eingetragen (6). Das heißt, dass Schieder vermutlich seit 1872 mit seinen Financiers Boschan und Gutmann eine gemeinsame Firma betrieb. 1883 wurde der Betrieb auch grundbücherlich an diese Gesellschaft übertragen. 1890 wird in Mannersdorf eine Ziegelei mit Maschinenbetrieb erwähnt (7) und zwischen 1897 und 1906 wird dieselbe Firma in Adressbüchern als Ziegeleibesitzer geführt (8).1894 meldete das Ziegelwerk auch das Schankgewerbe an, Pächter war Eduard Grab. In den Jahren 19011908 (bis 1901 unter Direktor Gustav Dewitz) produzierte das Werk pro Jahr 610 Millionen Stück Ziegeleinheiten. (2) 1907 wurden in einem Zeitungsartikel schwere soziale Missstände aufgezeigt: 11 bis 13-jährige Kinder mussten für 70 Heller am Tag von 6 Uhr früh bis 6 Uhr abends Ziegel von der Presse wegführen. Auch seine eigenen Kinder trieb der Platzmeister Kollmann zur Arbeit. Der Herr Gewerbeinspektor bekommt wahrscheinlich vom Betriebsleiter Vergrößerungsgläser, um die schulpflichtigen Kinder für erwachsen anzusehen. Gewerkschaftliche Organisation war strengstens verboten: Solche russi-schen Zustände herrschen auf dem Ziegelwerk des Millionärs Guttmann. (9) Eine christlich-konservative Zeitung berichtet 1905 (und ähnlich auch 1906): Durch unvorschriftsmäßigen Abbau des Lehms kam es im Ziegelofen der jüdischen Firma Gutmann zu einer großen Rutschung am dortigen Rochusberg, wobei sich ca. 50.000 m³ Lehm loslösten und 10 Meter in die Tiefe sank. Dadurch kam die darüber liegende Ortschaft Wutzelburg und mehrere Weinkeller und Presshäuser in Gefahr auch abzurutschen. Zwei Wohnhäuser wurden delogiert (10).1909 wurde der Betrieb des Ziegelwerks wegen Nichtzustandekommens eines neuen Pachtvertrages eingestellt. Das Werk hätte die Ziegel an die Ortsbewohner um 18 Kronen per 1.000 Ziegel verkaufen müssen, das wollte Guttmann nicht mehr gewähren. Sämtliche Arbeiter wurden entlassen. (11) Zunächst wurde mit der Firma Steingassner aus Frättingsdorf wegen einer Verpachtung der Ziegelei verhandelt, es kam aber zu keinem Ergebnis (12) .Am 5.4.1910 wurde nach längeren Verhandlungen das Ziegeleietablissement samt allem dazugehörigen Zubehör an Gustav und Anna Pisk sowie Johann Turetschek, alle aus Nikolsburg, um 190.000 Kronen verkauft (13). 1913 kam es zu einem Brand im Maschinenhaus (2). Durch Kauf am 11.8.1917 wurde Johann Turetschek Alleineigentümer (6). In diesem Jahr kam es – wie auch in vielen anderen Fabriken – wegen des Ledermangels im Ersten Weltkrieg zu Treibriemendiebstählen (2). 1921 wurde die Firma Turetschek und Weiser Ges.m.b.H. gegründet (6) und für den Standort Mannersdorf Nr. 89 das Ziegeleigewerbe angemeldet (12.10.1921 bis 17.9.1938), als Geschäftsführer fungierte Hans Weiser (14). Johann Turetschek wohnte damals in Wien VIII. Laut Handelsregister erzeugte die Firma nicht nur Ziegel, sondern verkaufte auch Bauholz und war als Bauunternehmen tätig (2).Der inzwischen in Nexing ansässige Johann Turetschek verkaufte 1924 die Ziegelei an die Firma Oezag Ziegelwerke AG in Wien IV, vertreten durch Generaldirektor Martin Andorff und Direktor Hans Weiser. Diese erwarb gleichzeitig das ebenfalls Herrn Turetschek gehörige Waltersdorfer Ziegelwerk (siehe Waltersdorf 2) um insgesamt 503.472,22 Goldkronen (15). Die als Schutz gegen die harte Konkurrenz aus Ungarn gegründete Vereinigung kleinerer Ziegeleien existierte aber nicht sehr lange. Um 1925 oder 1926 erfolgte nach einem Wassereinbruch die Stilllegung des Ziegelwerks, 1929 wurde die Firma aufgelöst (2). 1945 diente der Ziegelofen noch als Lager für ungarische Flüchtlinge. 1948 wurde der Grund parzelliert, 1952 der Teich (die Vierer, heute ein Badeteich) verpachtet (12). Das Arbeiterwohnhaus, die so genannte Baracke, steht noch heute (16).” (Quellen im Link [3]).

Quellen:

[1]…AK 1610-III J. P. W. II. 1914, Alois Pulgram, gelaufen am 24.08.1916 ab Stillfried, Eigentum schlot.at (2021)

[2]…Österreichischer Zentralkataster sämtlicher Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe […]. II. Band Niederösterreich. Erste Ausgabe, Volkswirtschaftlicher Verlag Alexander Dorn, Wien, 1903; S 309

[3].. Ramml, C.F. (2014): Ziegelöfen und Lehmabbaue der politischen Bezirke Mistelbach und Gänserndorf (Niederösterreich): Geschichte und Geologie – Archiv für Lagerstättenforschung, 27, 384 S., Wien. 30.04.2021

 

AT | 1220 Wien | Flughafen Aspern | heutige Seestadt

Die gerade entstehende Seestadt Aspern im 22. Wiener Gemeindebezirk liegt am Gelände des ehemaligen Flughafens Aspern.
Erste Flugversuche wurden am Gelände anno 1880 durchgeführt. 1912 wurde schließlich ein moderner Flughafen errichtet [1].
1914 erfolgte erstmals eine militärische Nutzung des Areals. Die Flugzeuge der Eßlinger Flugzeugfabrik “Aviatik” wurden am Platz eingeflogen und Piloten ausgebildet.
Nach 1918 mussten durch die Verträge von St. Germain alle hier vorhandenen Fluggeräte, Motoren, Anlagen und Produktionsstätten zerstört werden [2].
Im Juli 1922 wurde der Flughafen unter die Verwaltung der Republik Österreich gestellt [3].
1923 wurde die Österreichische Luftverkehrs AG (kurz ÖLAG), also die erste Fluglinie der Republik Österreich, gegründet. Wien-Aspern war der Heimatflughafen. Am 14.05.1923 fand der erste Flug der ÖLAG von München nach Wien statt. Im Laufe der späten 1920er Jahre wurde ein Streckennetz etabliert, das unter anderem Berlin, Budapest, Mailand [4] sowie Dresden, Prag, Zürich, Venedig und mehrere österreichische Großstädte [5] beinhaltete.
Parallel dazu wurde 1927 als Geheimprojekt begonnen, eine österreichische Militärluftfahrt aufzubauen. Dazu wurden seitens der militärischen Führung Offiziere zur Kampfpilotenausbildung in die Schweiz entsandt, andererseits ehemelige Feldpiloten aus dem ersten Weltkrieg wieder in den Dienst gestellt. Italienische Militärflugzeuge wurden angekauft und ab 1929 wurde die Pilotenausbildung in Aspern offiziell betrieben. Federführende Kraft war der spätere NaziKriegsverbrecher Obst. Alexander Löhr. 1929 waren 11 Offiziere sowie 12 Chargen und Wehrmänner in der Flugschule, und am neu etablierten Flugzeugbau in Aspern beschäftigt. Der Flughafen Aspern (Kürzel LOWA) bestand als Zivil- und Militärflughafen bis zum Ende der Zwischenkriegszeit [3].
1931 landete das später verunglückte Luftschiff Graf Zeppelin.
Im Februar 1934 wurde von Aspern aus ein Luftangriff auf die Aufständischen der Februarkämpfe geflogen. Ab 12.03.1938 bis 1945 war Aspern Luftwaffenstützpunkt der Deutschen Luftwaffe [5].
In den 1930er Jahren wurden seitens der Fa. Wiener Rundflüge zivile Rundfüge über die Stadt Wien anboten. [9]
Die zivile ÖLAG bestand bis 1939 und hatte von 1923-1939 34 Junkers-Maschinen und eine Douglas (Regierungsflugzeug im Ständestaat) in ihrer Flotte [4].
1945-1955 war der Flughafen unter sowjetischer Besatzungsmacht. Ab 1955 wurden vom Österreichischen Aero-Club Flugsport, Pilotenausbildung, Fallschirmspringen und Segelflug betrieben. Gelegentlich wurde das Gelände für Autorennen genutzt. [2].
Durch die Etablierung von Wien-Schwechat als neuem Flughafen verlor Aspern ab dem zweiten Weltkrieg sukzessive an Bedeutung. Am 01.05.1977 wurde der Flughafen komplett aufgelassen. [1]
Seit 1982 befindet sich im Südteil des Areals ein Werk des Kfz-Hersteller GM.
Ab 1988 wurden große Teile der Flughafenpisten vom ARBÖ als Fahrtechnikzentrum genutzt. Dieser Betrieb wurde mit der Verwirklichung des Projektes “Seestadt” eingestellt.
Der Abriss der Gebäude und Pisten begann 2009 [7].
Schlot.at zeigt an dieser Stelle einen Flugplatzplan [8], einen Streckenplan der ÖLAG [5] und 13 Originalfotos [9] aus den 1930er Jahren.

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Plan Aspern

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Streckenkarte Aspern

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Logo ÖLAG 1920er Jahre

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Tower Aspern 1931

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Hangar Aspern 1933

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Erfrischung am Flugfeld 1933

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Militärpersonal, darunter Offiziere, anno 1933

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DIE Zivilmaschine der Zwischenkriegszeit, die A-100 Junkers G-24, später OE-LAB

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Französisches Flugzeug in Aspern

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Flugzeug der Wiener Rundflug

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A-58

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A-49 – Wiener Rundflüge

 
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JUNKERS ÖLAG Linie Venedig-Wien – siehe Bordkarte

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Wiener Rundflüge mit Prominenz in Aspern

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CIDNA

Quellen:
[1]…Stadtentwicklung Wien, abgefragt am 15.09.2015
[2]…Aspern Flughafen, abgefragt am 15.09.2015
[3]…HAUBNER, Fred: Die Flugzeuge der Österreichischen Luftstreitkräfte vor 1938. Österreichs Luftfahrt in Einzeldarstellungen, Band 2. H. Weishaupt Verlag, Graz.17 ff
[4]…ÖLAG auf wikipedia, abgefragt am 15.09.2015
[5]…Streckenkarte Wien-Salzburg-Innsbruck, ÖLAG. Eigentum schlot.at-Archiv
[6]…Flughafen Aspern auf wikipedia, abgefragt am 15.09.2015
[7]…aktuelle Veranstaltungen, abgefragt am 15.09.2015
[8]…HAUBNER, Fred: Die Flugzeuge der Österreichischen Luftstreitkräfte vor 1938. Österreichs Luftfahrt in Einzeldarstellungen, Band 2. H. Weishaupt Verlag, Graz. 43
[9]…Kontaktabzüge im Eigentum schlot.at.-Archiv, Anfang 1930er Jahre