Der Aufhänger für diesen Artikel ist ausnahmsweise kein reines Industriefoto, sondern ein Gruppenbild [1], wie es bei “Exkursionen” in lebensmittelverarbeitende Betriebe wie Ankerbrot gerne als Geschenk für die Teilnehmer mitgegeben wurde. Das Bild entpuppt sich schnell als Meisterfotografie. Belichtung perfekt, Tiefenschärfe auf alle Teilnehmer abgestimmt, Detaillierungsgrad überwältigend. Charmante Details wie die verlegen lachende junge Frau in der obersten Reihe (siebente von rechts) und die damals gerade modern gewordenen weißen Nylons (erste Reihe fußfrei) sowie der gütige Milchvater (ganz links in weißem Facharbeiter-Kittel) zeichnen ein trügerisches Bild einer Gruppe, die wenige Monate nach dem Fototermin den schwarzen Donnerstag – den Höhepunkt der Wirtschaftskrise – miterleben mußte.
Die MIAG wurde 1907 respektive 1927 [2], anderer Angabe zufolge 1928 [3] gegründet.
Der Fabriksstandort war Wien Landstraße, Lechnerstraße 3. Neben einer Großmolkerei wurde 1959 eine Speiseeiserzeugung und ein Schmelzkäsewerk betrieben. Das Kapital der MIAG m.b.H. betrug 1959 ATS 32.562.000.-. Es wurden von 400 Beschäftigten mithilfe von 850 PS Dampf- und Elektrokraft täglich 150.000 l Milchprodukte be- und verarbeitet. Vom Unternehmen wurden 135 Filialen und 500 Milchgeschäfte beliefert [2] .
Die Fabrik mit dem markanten Logo wies einen hohen Kamin auf [3] und wurde 1977 zugunsten eines Wohnbauprojektes demoliert. Fotos vom Abbruch und der Kaminsprengung finden sich in [3]. Durch Fusion verlor die MIAG im selben Jahr ihre wirtschaftliche Eigenständigkeit [3].
Foto 163 x 112 mm: Eigentum schlot.at – Archiv
Quellen:
[1]…Weiss, L. (1929): Gruppenfoto MIAG vom 13.Mai. Wien – Hernals
[2]…Compass Verlag (1959): Industrie-compass Österreich 1959. Wien, 1699
Drei Schrägluftbilder aus dem Bereich München-Moosach. Danke für die Identifizierung des Standortes an Oliver Frühschütz.
[A] Luftbild Gaswerk Moosach/Wohnhausanlage Borstei (145 x 127 mm), Eigentum schlot-Archiv. Nach 1931Das erste Bild der Serie [A] zeigt den mittlerweile denkmalgeschützten Münchner Großwohnbau Borstei, der 1929 eingeweiht wurde und eine eigene Heizungsanlage mit deutlich erkennbarem Kamin [A] besitzt [1]. Im Hintergrund ist deutlich ein Teil des Gaswerkes München-Moosach zu erkennen, das 1909 – 1975 in Betrieb war [2]. Das Foto stammt aus der Zeit zwischen 1929 (1930 wurde der größere Gasbehälter in Betrieb genommen [2]) und 1959 (1958 kam ein dritter Gasbehälter hinzu [2]). Am Gaswerksgelände sind zwei markante Wasser-Hochbehälter zu erkennen, die hier besser zu erkennen sind [3]. Ein Foto eines Kokslöschwagensaus dem Gaswerk ist ebenfalls online verfügbar [4].
Da die Borstei 1929 eröffnet wurde und die Bäume am Foto frisch gepflanzt aussehen, bereits Fußwege bestehen, vor dem Gelände allerdings noch Bauhütten und Baumaterial gelagert wird und der hohe Gasbehälter (BJ 1930) ziemlich neu aussieht, ist das Luftbild vermutlich den frühen 1930er Jahren zuzuordnen. Für ein Alter nach 1932 spricht die bereits am Gaswerk befindliche Schrannenhalle, die 1932 in der Münchner Innenstadt abbrannte [5] und deren Eisengerüst in den 1980er Jahren am ehemaligen Gaswerksgelände als Lagerhalle wiederentdeckt wurde [6]. Das Eisengerüst war kurzerhand andernorts wiederverwendet worden.
Interessant am Foto [A] ist ferner eine südlich der heutigen Pickelstraße gelegene Grube, zu der von der Borstei her ein relativ breiter Weg führt. Eine frühere Nutzung der Grube zur Kiesgewinnung im Zuge der Borstei-Errichtung wäre denkbar. Die am Foto erkennbaren Wege zur Grube deuten auf eine frühe Form kommunaler Abfallentsorgung hin. Von der Borstei her mündet eine Art Kanalrohr in die Grube.
[B] Luftbild Gaswerk Moosach/Borstei (175 x 126 mm), Eigentum schlot-Archiv. Nach 1931Das zweite Luftbild der Serie [B] zeigt Borstei und Gaswerk von einer größeren Distanz. Da die Heizungsanlage der Borstei in Betrieb ist (rauchender Kamin), dürfte das Foto aus einer anderen Flugserie stammen als das Foto [A]. Im Gegensatz zum Foto [A] ist das gesamte Gaswerksgelände mit sechs Kaminen erkennbar. Es eignet sich aufgrund seiner annähernd gegen Norden orientierten Aufnahmerichtung gut für Vergleiche mit dem aktuellen Luftbild [7]. Dort erkennt man, daß sich nach 2005 im Bereich der ehemaligen Gasbehälter (Südteil) Gebäude und Parkplätze der Stadtwerke München und der Münchner Verkehrsgesellschaft befinden, der nördliche Teil des ehemaligen Gaswerksgeländes jedoch deutliche Anzeichen von Erdarbeiten aufweist. Dies sind die Spuren der Altlastensanierung, die am Gaswerksareal nach 1983 erstmals festgestellten Kontaminationen [8] seit 2005 durchgeführt werden [9].
[C] Luftbild Flugplatz München-Oberwiesenfeld und Gaswerk Moosach (180 x 124 mm) auf Agfa-Lupex alt, Eigentum schlot-ArchivDas dritte Luftbild der Serie [C] wurde kurz nach dem Abheben vom oder kurz vor der Landung am Flugplatz München-Oberwiesenfeld, dem ersten Münchner Passagierflughafen, der seine Blüte in den 1930er Jahren hatte, geschossen. Der am späteren Olympiagelände von 1972 gelegene Flugplatz lag nordöstlich des Gaswerkes. Das Foto zeigt das damalige Flugplatzareal samt Fluggerät im Mittelgrund; deutlich zu erkennen ist das am 03.05.1931 eröffnete neue Abfertigungs- und Verwaltungsgebäude des Platzes neben älteren Holzbauten [10, neuer Betonbau links im Bild]. An dem im Hintergrund von NNO her abgebildeten Gaswerksareal Moosach ist bereits der 1930 errichtete neue, 98m hohe Scheibengasbehälter [2] zu erkennen. Der Aufnahmezeitpunkt unterscheidet sich von den beiden übrigen Fotos – die Gasbehälter sind nicht vollständig gefüllt; am hohen Scheibengasbehäter sind kranartige Winkel zu sehen.