AT | 1030 Wien | Ehem. neues Schweineschlachthaus St. Marx – Arena Wien

Verwaltungsgebäude, damals wie heute. Quelle: Privatarchiv cccschlot

Das ehem. neue Schweineschlachthaus St. Marx (heutige Arena Wien) – Bau- und (Um-)Nutzungsgeschichte

Adresse: Baumgasse 80, 1030 Wien

Aus dem Vortrag zur Historikertagung „Industriekultur“ der Donau-Uni Krems, Dezember 2023

1. DIE BASIS – Das Areal

    1. Stadtteil- und Industriegeschichte
    2. Die Anfänge der Schlachthöfe
    3. Das ehemalige städtische Schweineschlachthaus

2. DIE BESETZUNG – Der Widerstand

    1. Die Kontumazanlage – die „alte Arena“ – erste Umnutzungsideen
    2. Konzepte für einen autonomen Kulturplatz
    3. Industrieanlagen im Wandel

3. DER VEREIN – Der Neubeginn

    1. Einzug in die „neue“ – die heutige – Arena
    2. Moderne Adaptierungen
    3. Denkmalschutz und eigener Antrieb

1. DIE BASIS – Das Areal – 1.1. Stadtteil- und Industriegeschichte

Die Erschließung des Areals hängt stark mit der Entwicklung der Donau Auen zusammen.

Die Donau vor der Regulierung, Festschrift, S. 128
Die Donau vor der Regulierung, Festschrift, S. 128
Die Donau nach der Regulierung, Festschrift, S. 129
Die Donau nach der Regulierung, Festschrift, S. 129

Jahrhundertelang weist die Donau stark schwankende Wasserstände auf, die im Wiener Becken ein ganzes Netz an wechselnden Wasserarmen ausbildete.
Bereits 1832 konnten durch den Donaukanaldurchstich einige Gebiete in Erdberg trockengelegt und parzelliert werden.1 1884 war die Donauregulierung schließlich abgeschlossen, wodurch eine längerfristige Bebauung des Gebietes ermöglicht wurde.

Erdberg

In Erdberg wurde ab der der zweiten Türkenbelagerung Obst und Gemüse angebaut (auch Milchwirtschaft und Weinanbau betrieben),2 wodurch die Haupterwerbsbauern mit ihren sog. Erdberger Küchengärten einen wichtigen Teil zur Versorgung Wiens beitrugen. Fuhrwerker3 ließen sich nieder und vor allem auch die Gerber, Abdecker oder Wasenmeister, Leimsieder und die Fleischhauer mit ihren öffentlichen Schlagbrücken, siedelten wegen der Unreinlichkeit ihrer Gewerbe am Rande der Stadt.4

Plan der K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, CarlLoos, Wien1895 Osten. Privatarchiv: cccschlot
Plan der K.K. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, CarlLoos, Wien1895 Osten. Privatarchiv: cccschlot


Durch die spätere Eingemeindung der Vororte rückten diese Gewerbe und weitere im 19. Jahrhundert folgende Betriebsansiedelungen wie eine Teerfabrik, Tierkörperverwertung, die Simmeringer Waggonfabrik, die Zünderhütte, Fleischselcher und natürlich Schlachthöfe und einige mehr.

St. Marx

Die ursprüngliche Kapelle der Kirche St. Marx stand an einer alten Römerstraße, der späteren St. Marxer Linie (der heutigen Simmeringer Hauptstraße), die als Reise- und Handelsroute diente.

In dem höher gelegenen Gebiet St. Marx entstand auf Grund der Stadtgrenzen und des Reiseverkehrs im Laufe von Jahrhunderten einer der größten Viehmärkte und Schlachtstätten Europas – der 1884 eröffnete Central-Viehmarkt.5

Franziszeischer Kataster, 1829, St. Marx. Quelle: maps.arcanum.com, am 09.01. 24 um 16:15
Franziszeischer Kataster, 1829, St. Marx. Quelle: maps.arcanum.com, am 09.01. 24 um 16:15

1.2. Die Anfänge der Schlachthöfe

Die Kirche und das St. Marxer Tor entwickelten sich nicht nur zur Zoll- und Einlassstelle an der östlichen Stadtgrenze, sondern auch bald vom Siechenhaus (Infektionskrankenhaus) zur vergrößerten Spitals- und Versorgungshausanlage.

Die immer öfter in die Stadt mitgebrachten Nutztiere mussten versorgt, untersucht und eventuell geschlachtet werden. Durch diese Kette an Notwendigkeiten entstand ein (1797 gegründeter) Viehmarkt mit Notstallungen6 und einem Ochsenstand7 knapp außerhalb der östlichen Stadtgrenze.8

Der erste Schweineschlachthof in St. Marx. Druck einer kolorierten Radierung, o.D., Mitte 19. Jh. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Der erste Schweineschlachthof in St. Marx. Druck einer kolorierten Radierung, o.D., Mitte 19. Jh. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Der erste Schweineschlachthof in St. Marx. Druck eines Aquarells, dat. 1845Quelle: cccschlot
Der erste Schweineschlachthof in St. Marx. Faksimiledruck einer kolorierten Kreidelithografie, dat. 1845 Quelle: cccschlot

Mitte des 19. Jahrhunderts (1846-48) entstand der erste, größere Schlachthof an der Hohlweggasse und wurde durch spätere Erweiterungen zb. den noch heute stehenden und alternativ genutzten Rinderhallen (1878-1884) stark vergrößert.

In den 1860er Jahren wurde die Kirche demoliert und das Spitalsareal an den bisherigen Pächter der Spitalsbrauerei Adolf Ignaz Mautner verkauft.9

Lageplan des Zentralviehmakrtes in der Situation um 1910. In: Technischer Führer durch Wien, herausgegeben vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, redigiert von Ing. Dr. Martin Paul, Stadtbauinspektor, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien 1910, S. 236Quelle: Privatarchiv cccschlot
Lageplan des Zentralviehmakrtes in der Situation um 1910. In: Technischer Führer durch Wien, herausgegeben vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, redigiert von Ing. Dr. Martin Paul, Stadtbauinspektor, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien 1910, S. 236 Quelle: Privatarchiv cccschlot

Durch die Eingemeindung der Vorstädte und starkem Bevölkerungszuwachs10 stieg der Schlachtviehbedarf rasant an. Im Besonderen war der Bedarf an Schweinefleisch durch die zu klein gewordene Schweineschlachtabteilung am Zentralviehmarkt erhöht.

Ebenso wurden erweiterte tierärztliche Untersuchungen hinsichtlich zahlreicher Haus- und Nutztierseuchen11 und die Umsetzung neuer Hygienemaßnahmen durch „[..] die Erfolge [..] bakteriologischer Forschung [..]“ benötigt.12

1.3. Das ehemalige städtische Schweineschlachthaus

Für den Bau des neuen Schweineschlachthauses kam ein freigebliebenes, abschüssiges Areal an der projektierten Erweiterung des Landstrasser Gürtels am Ende der Gesamtanlage des Zentralviehmarktes zur Verwendung.
Hier war ursprünglich ein dringend benötigter Seuchenhof geplant, der Bau des neuen Schweinschlachthauses musste vorgezogen werden.

Ing. Max Fiebiger war bereits seit 1900 mit Erweiterungsbauten am Zentralviehmarkt und vielen kommunalen Anlagen in Wien13 betraut und leitete, für das Wiener Stadtbauamt, den Bau des neuen Schweineschlachthauses in den Jahren 1908-10 an der Ecke Baumgasse und heutigem Franzosengraben.

Ab April 19081415 wurde das Terrain (teils mit Ziegeln) aufgeschüttet16 und am Ende der Schweineausladerampe der Schlachthausbahn der neue Schweineschlachthof für 1500 Schweine errichtet.

Lageplan des neuen Schweineschlachthauses in einer etwas verfälschten Situation um 1910. In: Technischer Führer durch Wien, herausgegeben vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, redigiert von Ing. Dr. Martin Paul, Stadtbauinspektor, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien 1910, S. 238Quelle: Privatarchiv cccschlot
Lageplan des neuen Schweineschlachthauses in einer etwas verfälschten Situation um 1910. In: Technischer Führer durch Wien, herausgegeben vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, redigiert von Ing. Dr. Martin Paul, Stadtbauinspektor, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien 1910, S. 238
Quelle: Privatarchiv cccschlot

Der sog. Schlachthauszwang17 wurde zuvor per Gesetz verordnet und die bis dahin üblichen Notstechbrücken oder privaten Schlachtstätten nicht mehr benötigt.18

Die Anlage wurde nach dem deutschen System errichtet. Das heißt, dass Arbeitshallen und -räume nicht baulich voneinander getrennt sind – im Gegensatz zum französischen System19 Üblicherweise wurden Schlachthöfe in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht nur nach hygienischen Grundsätzen „sondern auch nach betriebstechnischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten geplant; die Verwaltungsgebäude wurden meist an eine öffentliche Straße gelegt.“20

Im hinteren Bereich des Schlachthofes befanden sich die Stallungen, die an die Schlacht-und Arbeitshalle mit Stechbuchten, Brüh- und Enthaarungsplätzen angeschlossen waren. Die Kadaver konnten durch das neuartige21 Schwebebahnsystem transportiert werden, ohne sie abnehmen und umladen zu müssen. Die neuen Kühlanlagen und die Fortschritte der Kältetechnik stellten eine bedeutsame Neuerung zur sicheren Versorgung der Bevölkerung dar.22

Die Gebäude

Das damalige wie heutige Verwaltungsgebäude beherbergte Büros, Küchen und vor allem Wohnungen für Schlachthausleiter und Tierärzte, die ständig vor Ort waren.

Die sog. Sterilisierungsanstalt unterteilte sich in diverse Arbeitsräume, Selch-, Pökel- und Kühlkammern sowie eine Freibank. Die Pökel- und Kühlanlagen befanden sich im Keller, der ebenfalls mit einem Schwebebahnsystem und 2 Lastenaufzügen ausgestattet war. Beides ist heute noch erhalten.

In diesem Trakt wurde Fleisch, das schwachfinnig25 war oder von seuchenverdächtigen, kranken oder verunfallten Tieren stammte, sterilisiert und gesondert in der Freibank, der Verkaufsstelle, verkauft.

Der übliche Schlachtbetrieb kam mit der Sterilisierungsanstalt nicht in Berührung.

Das Kessel- und Machinenhaus, die heutige Große Halle. In: Das neue Schweineschlachthaus im III. Bezirke, Wien Magistrat, 1910, S. 19, Abb. 10Foto: Privatarchiv cccschlot, Quelle: ONB
Das Kessel- und Machinenhaus, die heutige Große Halle. In: Das neue Schweineschlachthaus im III. Bezirke, Wien Magistrat, 1910, Abb. 10 Foto: Privatarchiv cccschlot, Quelle: ONB

Die heutige große Konzerthalle (links der ursprünglichen Kühlhalle) beherbergte das sehr großzügig angelegte Kessel- und Maschinenhaus sowie Lager- und Arbeitsräume. Bereits bei der Bauplanung wurde eine mögliche Vergrößerung der Maschinenräume, sowie auch des gesamten Geländes angedacht.26

Rechts der Kühlhalle befanden sich Räume für Meister, Gesellen und Aufseher, und Nassräume. Das heutige „Beisl“.

Die Kühlhalle, die heute nicht mehr vorhanden ist,27 bestand aus zwei Hallen, die abwechselnd mit Brunnenwasser und durch eine CO2-Kältemaschine vorgekühlt und gekühlt wurden. Das Kühlwasser, der Abdampf und das Kondensationswasser wurden dem Betrieb wieder zugeführt.

Der Schornstein/Schlot wurde bauzeitlich von der renommierten Wiener Firma Ludwig Gussenbauer28 errichtet.

Kunstgeschichte

Verwaltungsgebäude, damals wie heute. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Verwaltungsgebäude, damals wie heute. Quelle: Privatarchiv cccschlot

Das Gebäudeensemble besteht aus ein- und mehrgeschossigen, profanen Sichtziegelbauten als vereinfachte Ausläufer der romantisch historistischen kommunalen und Industriebauten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Die Hoffront des Verwaltungsgebäudes zeigt einen 3-geschoßigen Sichtziegelbau mit stark vorspringendem, zweiachsigen Mittelrisalit mit Segment– und Rundbogenfenstern und „betont giebelartiger Überhöhung29 mit kaminkopfartigen Eckpfeilern in der Attikazone.

Der Arena-Fries, der durch 45° über Eck gestellte Ziegel in 3 Reihen ein stilisiertes Blumen- oder Kreuzmuster zeigt, befindet sich in der Frieszone unter der Dachkante.

Kessel- und Maschinenhaus, heutige große Halle, heutige Eingangsfront. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Kessel- und Maschinenhaus, heutige große Halle, heutige Eingangsfront. Quelle: Privatarchiv cccschlot

Das Kessel- und Maschinenhaus zeigt an der heutigen Eingangsfront, den sakralen Charakter einer Basilika, einer mehrschiffigen, profanen Halle, die europaweit häufig an Kommunalbauten, Industriebauten, auch Schlachthöfen, zu finden ist. Der Arena-Fries und zinnenartige Aufsätze sind hier besonders markant.

Original-Schriftzug am Kessel- und Maschinenhaus, heutige große Halle. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Original-Schriftzug am Kessel- und Maschinenhaus, heutige große Halle. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Original-Schriftzug am Kessel- und Maschinenhaus, heutige große Halle. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Original-Schriftzug am Kessel- und Maschinenhaus, heutige große Halle. Quelle: Privatarchiv cccschlot

Die Original-Schriftzüge „Kesselhaus“ und „Maschinenhaus“ sind heute noch erhalten.

Verwaltungsgebäude des Zentral-Pferdeschlachthauses. In: Verlag des Magistrates der Reichs-Haupt- und Residenzsdtadt Wien, Das neue Zentral-Pferdeschlachthaus des X. Bezirkes in Wien, Wien 1908. Foto: Privatarchiv cccschlot, Quelle: ONB
Verwaltungsgebäude des Zentral-Pferdeschlachthauses.
In: Verlag des Magistrates der Reichs-Haupt- und Residenzsdtadt Wien, Das neue Zentral-Pferdeschlachthaus des X. Bezirkes in Wien, Wien 1908.
Foto: Privatarchiv cccschlot, Quelle: ONB
Der Arena-Fries. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Der Arena-Fries.
Quelle: Privatarchiv cccschlot

Vorbilder lassen sich vor allem in dem fast zeitgleich erbautem Pferdeschlachthaus in Favoriten erkennen, auch wenn sich hier der besagte Arena-Fries, der dem Kreuzverband von Klinkermauerwerken ähnlich ist, nicht wiederfinden lässt.

Vergleiche in BrüggeQuelle: Privatarchiv cccschlot
Häuserfassaden, Brügge
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Vergleiche in GentQuelle: Privatarchiv cccschlot
Häuserfassade, Gent
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Vergleiche in HamburgQuelle: Privatarchiv cccschlot
ehem. Maschinenfabrik Lübeck & CO, Hamburg
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Vergleiche in WienQuelle: Privatarchiv cccschlot
Volksschule, Stolberggasse, 1050 Wien
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Vergleiche in WienQuelle: Privatarchiv cccschlot
Gasometer D, 1110 Wien
Quelle: Privatarchiv cccschlot

Trotz des Variantenreichtums von Ziegelfriesen ließ sich der vergleichbar einfache Arena-Fries bislang noch nicht nachweisen. Beispiele: Brügge, Gent, Hamburg und Wien.
Das Wiener Stadtbauamt war verantwortlich für die Entwürfe, deren Planung und Bauablauf. Oft nicht namentlich genannte, angestellte Architekten30 und weitere Positionen wie Bauinspektoren, -ingenieure, -leiter, -meister waren an dem Bau beschäftigt.

Einige Hinweise31 schreiben den Gesamtentwurf Max Fiebiger zu, der nicht als Modernist32 bekannt war.

Die Gebäude erlitten Bombentreffer im 2. Weltkrieg und wurden anschließend wieder aufgebaut bzw. teilweise durch einfachere Gebäudeabschnitte ersetzt.

2. DIE BESETZUNG – Der Widerstand

2.1. Die Kontumazanlage – die „alte Arena“ – erste Umnutzungsideen

Die Kontumaz- bzw. Quarantäneanlage an der Döblerhofstraße (schräg gegenüber des Schweineschlachthofes an der heutigen Autobahnauffahrt) wurde 1916-22 ebenfalls vom Wiener Stadtbauamt errichtet und bestand aus einer großen Zahl an einzelnen Gebäuden.

Besetzung der Festwochen-Arena 1976

Das später als Auslandsschlachthof bezeichnete Areal wurde bereits 1975 und 1976 für das Jugendprogramm34 der Wiener Festwochen genutzt.

Am letzten Tag der Veranstaltungen – am 27. Juni 197635 wurde das Gelände mit einer Forderung zur Errichtung eines selbstverwalteten, subventionierten36, permanenten und ganzjährigen Kulturbetriebes für Alle besetzt. 37 38 39

Zahlreiche Proteste, Unterschriftensammlungen und Verhandlungen mit der Stadt Wien begleiteten die 3monatige, letztlich erfolglose Besetzung. Das Gelände war verkauft und abgerissen worden.

Zum Verkauf des Auslandsschlachthofes und zum Ende der Schlachthöfe

Bereits ab Mitte der 60er gingen die Lebendanlieferungen stark zurück und durch neue Vorschriften die „Lebensmittel- und Schlachthygiene“ betreffend, wurden beide Schlachthöfe40 bereits Mitte der 70er Jahre geschlossen. 1997 wurden dann auch die Schlachtungen am Zentralviehmarkt beendet.41

Alternativpläne wurden mit der Stadt Wien ausgearbeitet42 und nach 2 abgelehnten Angeboten (darunter das Schloss Neugebäude), nahmen die Besetzer und Besetzerinnen das vorgeschlagene Areal der heutigen Arena mit der Bedingung der Übernahme der Umbaukosten der desolaten Anlage an.43

Plan der "alten" und der "neuen" Arena. Quelle: Bruno-Kreisky-Archiv
Plan der “alten” und der “neuen” Arena. Quelle: Bruno-Kreisky-Archiv


2.2. Konzepte für einen autonomen Kulturplatz

Sehr rasch entstand ein umfassendes Konzept für ein ganzheitliches, soziales, integratives Kulturzentrum mit dem Ziel der Demokratisierung der Kultur44, mit Beteiligung verschiedener Personen- und vor allem sozialer Randgruppen.

In der kurzen Zeit der Besetzung, im Sommer 1976, wurde das Areal in einen kulturell und sozial vielseitigen Ort mit dorfähnlichem Charakter verwandelt.

Zahlreiche Einrichtungen wie Theater, Frauencafé, Teehaus, Küche, Galerie, Kinderhaus etc. wurden schnell installiert.

Alle, ob obdachlose Kinder oder kunstinteressierte Jugendliche, wurden aufgenommen.
Ein umfassendes Konzept für das neue, vorgeschlagene Areal wurde erarbeitet und beinhaltete Einrichtungen zur kulturellen und sozialen Versorgung Wiens.
Heute steht nur noch ein kleiner Teil des ursprünglich zu adaptierenden Gebietes.

2.3 Industrieanlagen im Wandel

Vor allem in Deutschland gibt es seit den 1960er und va. 1970er Jahren zahlreiche Beispiele an kulturellen Umnutzungsforderungen historischer, stillgelegter Industrieanlagen.45 Nach den Wirtschaftskrisen 1966/67 und 73/74 hatten „aufgegebene Industriebauten das Stigma des wirtschaftlichen Versagens“46, doch die sozialen Bewegungen – oft durch Bürgerinitiativen47 – erkannten darin das Potential zur Definierung eines neuen Kulturbegriffes48 mit Symbol- und Vorbildcharakter.

In den USA gibt es diese Bewegung bereits seit den 50er Jahren.49

In Deutschland finden ab den 1990er Jahren häufiger Unterschutzstellungen mit anschließenden Umnutzungen statt, „[..], um spezifische stadträumliche und kunsthistorische Qualitäten eines Industriebaus zu erhalten und damit die Identität ihres Quartiers oder Stadtteils zu wahren“50. Diese Tendenzen lassen sich auch aktuell und europaweit beobachten.

Auch für das heutige Arena-Areal wurden rasch ähnliche Ideen zur Umnutzung entworfen.

Graffiti "Arena 77"Quelle: Privatarchiv cccschlot
Graffiti “Arena 77”
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Erstes Nutzungskonzept für die "neue" Arena. Quelle: Bruno-Kreisky-Archiv
Erstes Nutzungskonzept für die “neue” Arena. Quelle: Bruno-Kreisky-Archiv

3. DER VEREIN – Der Neubeginn
3.1. Einzug in die „neue“ – die heutige – Arena

Die Schlüsselübergabe und der Einzug in die „neue“ Arena fand 1 Jahr nach der Besetzung, 1977 statt.

Dr. Dieter Schrage, der damalige Direktor des 20er Hauses wurde erster engagierter Obmann des neuen Vereins Forum Wien Arena.

Zahlreiche Umbauten und Instandsetzungen wurden durchgeführt, einige Gebäude abgerissen und der hintere Teil des Geländes an eine Kühlfirma vergeben.51 52

1980 begann der regelmäßig und durchgehend bis heute geführte Veranstaltungsbetrieb.53 Bereits zu Beginn engagierten sich nationale und internationale Künstler und Künstlerinnen 54.

Umbau der Durchfahrt. Quelle: Arena Archiv
Umbau der Durchfahrt.
Quelle: Arena Archiv
Umbau des Open Air Geländes, dem früheren Platz der Kühlhalle(n). Quelle: Privatarchiv cccschlot von Arena Archiv
Umbau des Open Air Geländes, dem früheren Platz der Kühlhalle(n). Quelle: Privatarchiv cccschlot von Arena Archiv


3.2. Moderne Adaptierungen

Der Umbau der Großen Halle (des ehem. Kessel- und Maschinenhauses ) und des Open Air Geländes (dem Platz der ehem. Kühlhalle) wurde vom Wiener Architekturbüro Rataplan 1994-2004 konzipiert und umgesetzt.

Das Open-Air-Gelände wurde abgegraben, eine moderne, große Bühne gebaut und mit technischen Einrichtungen und Publikumsinfrastruktur versehen.

Modellfotos Architekturbüro Rataplan. Quelle: Rataplan
Modellfotos Architekturbüro Rataplan. Quelle: Rataplan
Vor dem Umbau.Quelle: Rataplan
Vor dem Umbau.
Quelle: Rataplan
Nach dem Umbau.Quelle: Rataplan
Nach dem Umbau.
Quelle: Rataplan
Modellfotos Architekturbüro Rataplan. Quelle: Rataplan
Modellfotos Architekturbüro Rataplan. Quelle: Rataplan

Zahlreiche Veranstaltungen im sozialen und kulturellen Bereich wurden in der Arena initiiert. Zum Beispiel:
– Das Arena Open Air Kino gibt es seit 1990 als das erste Wanderfreiluftkino „Volxkino“ ins Leben gerufen wurde. Bis 2012 kamen dafür zwei Filmprojektoren aus den 1920er Jahren zum Einsatz.56
Benefizfestivals wie „Bock auf Kultur“ und „Nacht gegen Armut“ mit Patti Smith von der Volkshilfe Wien
Deutschkurse des Vereins „You are welcome“
Sportveranstaltungen (Red Bull Parcourlauf, Blue Tomato Snowboard Event)

– Verwendung als Drehort
Lehrlingsausbildung im Bereich Veranstaltungstechnik
Ausstellungen, Theater, Konzerte, Lesungen

Eine schmiedeeiserne Laterne im Originalbestand. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Eine schmiedeeiserne Laterne im Originalbestand.
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Altes und neues Eingangstor. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Altes und neues Eingangstor.
Quelle: Privatarchiv cccschlot


3.3 Denkmalschutz und eigener Antrieb

Das gesamte Gelände wurde auf Grund von gegebenem öffentlichen Interesse vom Bundesdenkmalamt Wien 1997 unter Schutz gestellt und einige Besonderheiten im Bescheid festgehalten. Nicht nur die wirtschaftshistorische Bedeutung, sondern auch die Industriebauweise mit ihren weitgehend vollständig erhaltenen Sichtziegelfassaden werden darin betont.

„Die Gebäude des ehem. Schweineschlachthofes stellen mit ihren typischen und weitgehend vollständig erhaltenen Sichtziegelfassaden eine bereits selten gewordene Form dieser Industriebauweise aus dem Ende des 19. Jahrhunderts bzw. Anfang des 20. Jahrhunderts in Wien dar und sind daher architekturgeschichtlich von besonderer Bedeutung. Der Schweineschlachthof dokumentiert [..] einen bedeutenden Bereich der Wirtschaftsgeschichte Wiens um die Jahrhundertwende.“ Auszug aus dem Feststellungsbescheid nach §2 von  1997

Beeteinfriedung neu. Der typische Arena-Fries wurde auch hier zum maßgeblichen Gestaltungselement.Quelle: Privatarchiv cccschlot
Beeteinfriedung neu. Der typische Arena-Fries wurde auch hier zum maßgeblichen Gestaltungselement. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Alter Aufzugsmotor über der Dreiraum-Bar.Gestaltung der Bar von https://www.finkenstedt.at/ Quelle: Privatarchiv cccschlot
Alter Aufzugsmotor über der Dreiraum-Bar.
Gestaltung der Bar von https://www.finkenstedt.at/
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Historischer Mauerhaken. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Historischer Mauerhaken. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Historische Fleischhaken. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Historische Fleischhaken.
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Historische Luftbahngleise. Quelle: Privatarchiv cccschlot
Historische Luftbahngleise.
Quelle: Privatarchiv cccschlot
Ansicht der im Bau befindlichen neuen Wohntürme gegenüber der heutigen Arena, auf dem Areal der "alten Arena". Quelle: Privatarchiv cccschlot
Ansicht der im Bau befindlichen neuen Wohntürme gegenüber der heutigen Arena, auf dem Areal der “alten Arena”.
Quelle: Privatarchiv cccschlot

Das Gelände des ehem. neuen Schweineschlachthauses ist kein (Freilicht-)Museum, sondern ein lebendiges Denkmal zur Stadtgeschichte, das ganzjährig benützt wird. Der Verein ist bestrebt so weit als möglich den Ensemble-Charakter des ehem. Industriegeländes, auch in seinen Einzelteilen zu bewahren und in den Betrieb zu integrieren. Beispielsweise wird nachts die fehlende Pförtnerhausuhr an ihre Originalstelle projeziert, ein alter Aufzugsmotor durch Beleuchtung in den Gastraum integriert oder neue Beeteinfriedungen mit dem Arena-Fries versehen.

Die Besonderheit und Notwendigkeit des Fortbestands des Areals und des Vereins zeigt sich auch durch die gelungene Integration in das gesellschaftliche Leben, die Anerkennung der Bevölkerung, sowie (mittlerweile) aller politischen Parteien57.

Seit einigen Jahren bemüht sich der Verein auch verstärkt um Vermittlung seines eigenen industriekulturellen Erbes durch Ausstellungen und Führungen, die teilweise in Zusammenarbeit mit dem österreichweiten Tag des Denkmals, organisiert vom Bundesdenkmalamt Wien, veranstaltet wurden.

Der breiten Öffentlichkeit ist nur die Geschichte der Besetzung und tw. die Entstehung des heutigen Areals geläufig. Auch das Forschungs-, Ausstellungs58– und Publikationsinteresse59 bezieht sich zur Zeit ausschließlich auf die ereignisreiche Protestbewegung. Das Interesse des Publikums an der gesamten Geschichte ist allerdings vorhanden. Genauso wie die Bereitschaft des Vereins seine Geschichte zu wahren, weiter zu forschen und zu vermitteln.

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Anmerkung der Redakteurin:
Bei beabsichtigter Verwendung von Bild- und Textmaterial sind die Verwertungsrechte von schlot.at zu beachten. Bild- und Textmaterial dürfen nicht verändert werden. Bildquellen sind zusätzlich jeweils wie direkt bezeichnet zu nennen. Anfragen per Kontaktformular.
Der Artikel stellt einen sehr kleinen Auszug aus bisheriger 10jähriger Forschungsarbeit sowie einer Ansammlung an hunderten Archivalien dar, wird laufend adaptiert und mit neuen Erkenntnissen aktualisiert. C.C. Czutta

Fußnoten/Quellen:

1 Festschrift, 100 Jahre Wiener Stadtbauamt, 1835-1935, Wien 1935, S. 126 f.
2 Geschichte derVorstädte und Freygründe Wien, Wien 1812, S. 21
3 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Erdberg_(Vorstadt), am 09.01.24 um 13:51
4 Geschichte derVorstädte und Freygründe Wien, Wien 1812, S.12
5 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Zentralviehmarkt
6 Geschichte derVorstädte und Freygründe Wien, Wien 1812, S. 30
7 Festschrift, 100 Jahre Wiener Stadtbauamt, 1835-1935, Wien 1935, S. 173
8 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/St._Marx, am 08.04.24
9 https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Brauhaus_St._Marx, am 09.01.24 und 1857, https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/St._Marx, am 09.01.24
10 Bevölkerungsentwicklung lt. Statistik Austria, in:http://www.carookee.de/forum/Kleeblattforum.carookee.com/33/21583648-0-01105?p=1
11 Milzbrand, Roßwurmkrankheit, Räude, Wutkrankheit, Schweinerotlauf, Schweinepest und Geflügelcholera, in: Stadt Wien, Die Gemeindeverwaltung der k.u.k. Reichhaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908 VVII., Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, Verlag Gerlach und Wiedling, Wien 1910, S.249 – im WSTLA
12 Walter, Uli, Schlachhof und öffentliche Gesundheit. Zur Kultur- und Baugeschichte von Schlachthäusern seit dem Mittelalter, in: Jahrbuch der bayerischen Denkmalpflege, Band 54/55, 2000/2001, München 2006, S.73-79, hier S. 77
13 Ab 1912 wurde er zum städtischen Baurat und zum Leiter der Hochbauabteilung ernannt, von 1920-25 war er als Stadtbaudirektor tätig und baute zahlreiche Schulhäuser und Kindergärten, Schweinemastanstalten, Kühlhallen, Schlacht- und Seuchenhöfe, Straßen, Kanäle, erweiterte die Hochquellenwasserleitung. Übriggeblieben Gasbeleuchtung wurde durch elektrische Lampen modernisiert. Ebenso war er an Bauprogrammen zur Schaffung von Kleinwohnungen beteiligt. In: Festschrift 1935, S. 52/53
14 Stadt Wien, Die Gemeindeverwaltung der k.u.k. Reichhaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908 VVII., Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, Verlag Gerlach und Wiedling, Wien 1910, S.254 – im WSTLA
15 Die Entwurfsphase begann bereits einige Jahre zuvor, Auftragserteilung 1905, in: WSTLA, Inhaltsverzeichnis für das Amtsblatt der k.u.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, XIV. Jahrgang, Gesetze, Verordnungen und Entscheidungen, Nr. 51 am 28. Juni 1910, Wien 1905; S.1056, Protokoll 5420 und S. 1358 Protokoll 7591(tgl. 600 Schlachtungen)
16 Stadt Wien, Die Gemeindeverwaltung der k.u.k. Reichshaupt- und Residenzstadt Wien im Jahre 1908 VVII., Bericht des Bürgermeisters Dr. Karl Lueger, Verlag Gerlach und Wiedling, Wien 1910, S. 254 – im WSTLA
17 In Wien 1873, in: https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Schlachtbetriebe, am 12.11.23, 13:02 – auch in Deutschland übrigens → in Walter, Uli, Schlachthof und öffentliche Gesundheit, 2006, S. 75
18 Wiener Zeitung, 15.06.1910, S. 7
19 Walter, Uli, Schlachthof und öffentliche Gesundheit, 2006, S. 73-79, hier S. 78
20 Ebenda
21 Seit 1903 laut: Ebenda
22 Ebenda
23 Wasch-, Umkleide-, Koch, Desinfektions-, Zerteilungs- und Untersuchungsraum
24 mit Warte- und Verkaufsraum und eine Kanzlei
25 = mit Bandwurmlarven besetztes Fleisch, das aber „genusstauglich“ gemacht werden kann.
26 Das neue Schweineschlachthaus im III. Bezirke, Wien Magistrat, 1910
27 Bombentreffer 2. WK, Wiederaufbau, 1977 noch vorhanden
28 Dampfrauchfang und Kesseleinmauerung L. Gussenbauer und Sohn“, in: Das neue Schweineschlachthaus im 3. Bezirke in Wien, Verlag des Magistrates der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien, 1910; ohne Seitenangabe
29 Bescheid Bundesdenkmalamt Wien
30 Magistratspublikation Schweineschlachthaus 1910, keine Nennung des Architekten.
31 Technischer Führer durch Wien, herausgegeben vom österreichischen Ingenieur- und Architektenverein, redigiert von Ing. Dr. Martin Paul, Stadtbauinspektor, Verlag von Gerlach & Wiedling, Wien 1910, S. 237
Martin Paul war Stadtbauinspektor und hatte keinen aktuellen Bauplan als Abbildung verwendet.
32 www.architektenlexikon.at/de/135.htm, 16.11.23
33 https://sammlung.wienmuseum.at/suche/?people=p16477, 24.11.23
34 In: Gustav Ernst, Arena Dokumentation, Wespennest, Zeitschrift für brauchbare Texte Nr. 23, Wien, Juni 1976, S. 4
35 Rosemarie Rauscher, Politik im Underground, Wien 1998, S. 28
36 Arbeiterzeitung, 29.06.1976, S. 9
37 Einer der Studenten war wohl Leiter des Wiener Architekturzentrums. In: http://derstandard.at/2492068, 22.04.24
38 Verena Kövari, Die Arena, Alternativkultur im Wien der 1970er Jahre, Wien 1997, S. 40
39  Kövari, S. 25
40 damalige Auslands- und Inlandsschlachthöfe – Schweineschlachthaus am 21.6.76, in: Magistrat der Stadt Wien [Hrsg.], Die Verwaltung der Stadt Wien 1976, Wien 1977, S. 218
41 Magistratsabteilung 53, Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 16.12.1997 – Letzte Rinderschlachtungen in St. Marx
42 Rauscher, S. 49 f.
43 Kövari, S. 64
44https://www.schlachthof-kassel.de/das-zentrum/geschichte, 16.11.23
45 Winkelmann, Arne, Kulturfarbiken, Zeichenwandel der Fabrik in der freien Kulturarbeit, Berlin 2006, S. 33f
46 Winkelmann, S. 16
47 Winkelmann, S. 77
48 Winkelmann, S. 8
49 Ebenda
50 Winkelmann, S. 77
51 Vermutlich die Schweineschlachthalle, Pläne Stadtarchiv Wien
52 Rauscher, S. 107 und 104
53 Rauscher, S. 116f.
54 In den ersten 10 Jahren: Peter Turrini, Peter Weibel, Harry Stojka, Drahdiwaberl, Lukas Resetarits, Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Hans Thessink, Hubsi Kramar, Willi Resetarits, Johnny “Guitar” Watson, Nazareth, Bad Religion, Van Morrison, George Clinton, Nick Kamen, John Lee Hooker (1991), Little Richard (1991 etc. später dann Nirvana (14.11.1991) etc Theater von Oskar Kokoschka, Gottfried Helnwein Ausstellung bei der Besetzung: auf dem Arena-Plakat 10.07.1976
55 http://www.rataplan.at/
56 Von “Kino-Alfred”
57 Rathauskorrespondenzen
58 Ausstellung Wien Museum – Katalog „Nussbaumer, Martina, Schwarz, Werner Michael [Hrsg.], Besetzt!, Kampf um Freiräume seit den 70ern, Wien 2012“
59 div. universitäre Arbeiten, wie Diplomarbeiten, Dissertationen etc

AT | 8020 Graz | Grazer Waggon- & Maschinen-Fabriks-AG | DRB 72.003 und BBÖ 1005.08 auf der Pressburger Bahn

Die 1854 gegründete Grazer Waggon- & Maschinen-Fabriks-Aktiengesellschaft vorm. Joh. Weitzer war bis 1935 in Betrieb [1].

Sie erzeugte 1925 mit 2000 Arbeitern und einer Maschinenleistung von 2500 PS [2]: Waggons aller Art, elektrische Lokomotiven, Straßenbahn- und Eisenbahnmotorwagen (auch Schmalspur), Militärfuhrwerke, ortsfeste und Schiffsdieselmotore, Dieselmotorlokomotiven mit hydraulischem Lentzgetriebe, Kompressoren,div. Maschinenbau [2].

Die vorliegenden Fotos [3] und [4] zeigen die 1913 in ebendieser Fabrik erzeugten Elektrolokomotiven DRB 72.003 und BBÖ 1005.08 [5]. Die nicht bezeichneten Amateuraufnahmen dürften beide aus dem Zeitraum 1938-1947 stammen. 1005.08, noch mit der BBÖ-Kennung, trägt Verdunkelungsvorrichtungen an den Scheinwerfern.

DRB 72.003, Pressburger Bahn
BBÖ 1005.08-DRB 72.008, Pressburger Bahn
BBÖ 1005.08-DRB 72.008, Pressburger Bahn

Die beiden Lokomotiven wurden erstmals als EWP 3 bzw. EWP 8 auf der Überlandstrecke der Lokalbahn Wien-Preßburg eingesetzt. 1921 ging diese Strecke in den Besitz der Bundesbahnen Österreich (BBÖ) über [6].

Ab dieser Übernahme erfolgte die Neubezeichnung als BBÖ-Reihe 1005. Unter der Nummer 72.003 bzw. 72.008 wurden die Lokomotiven anno 1938 in das System der Deutschen Reichsbahn (DRB) integriert. DRB 72.003 wurde am 17.10.1945 außer Dienst gestellt, DRB 72.008 versah ab 1947 bei den ÖBB unter der neuen Nummer 1072.08 ihren Dienst bis zum 15.03.1973 [5].

Quellen:

[1]…albert-gieseler.de (31.12.2023)

[2]…Compass Verlag (1925): Industrie-Compass Österreich 1925/26 1. Bd, S. 471

[3]…Amateurfoto/Kontaktkopie DRB 72.003, 82 x 54 mm, Eigentum Archiv schlot.at (2023)

[4]…Amateurfoto/Kontaktkopie BBÖ 1005.08, 79 x 48 mm, Eigentum Archiv schlot.at (2023)

[5]…pospichal.net (31.12.2023)

[6]…academic.com (31.12.2023)

AT | Unbekannte Fabrik | Luftschutz – Übung, um 1938

Beklemmende Fotodokumentation [1] einer fabriksinternen Luftschutzübung, um 1938. Die Übungsannahme besteht offenbar aus einem Bombardement einer Fabrik samt Gasangriff. Nach einer Einführung und der Präsentation diverser Schutzausrüstungsgegenstände wie Gummianzüge, Gasmasken, Helme und Tornister der Hersteller Degea Gasschutz Ges.b.m.H. Wien und Auergesellschaft Berlin werden folgende Aufgaben – meist unter Atemschutzbedingungen – geübt:

  • Annäherung zu Verletzten
  • Verletztenbergung
  • Erste Hilfe
  • Umgang mit Blindgängern (Splitterschutz)
  • Verletztenbergung aus einem Keller-Notausstieg
  • Dekontamination des Werksgeländes nach dem Angriff
  • Entlüftung des Kellers mittels Raumentlüfter

Quellen:

[1]…Konvolut an Zelluloid- und Glasnegativen, Kleinformat, teils entwickelt. Eigentum schlot.at (2022)

 

AT | 1220 Wien | Benzinfabrik KOENIG / Raffinerie Kagran (MOBIL OIL)

Ansicht der Benzinfabrik Gustav KOENIG&Co, um 1910. [1]

Das ehemalige Betriebsgelände der Firma Mobil befindet sich rund 3,5 km nordöstlich der Alten Donau in der Wiener Katastralgemeinde Kagran. Im Westen grenzt an das rund 10 Hektar große Gelände die nördliche Linie der Ostbahn, im Norden die Breitenleer Straße und im Süden der Gewerbepark Stadlau an. Die östliche Grenze bildet der Zwerchäckerweg [2].

Auf dem ehemalige Betriebsareal wurden von der Firma Mobil Oil Austria AG sowie deren Vorgängerfirmen seit dem 19. Jahrhundert Mineralölprodukte raffiniert bzw. umgeschlagen und gelagert. Durch kriegsbedingte Einwirkungen während des 2. Weltkrieges (Beschädigungen der Tankfelder der damaligen Raffinerie durch Bombardements) und Betriebsunfälle kam es insgesamt zu großflächigen Boden- und Grundwasserkontaminationen mit Mineralölprodukten [2].

In Folge von Bombentreffern im Jahr 1944, insbesondere der Tanklager im Südteil des Altstandortes, kam es zur Versickerung von rund 7.000 Tonnen Mineralölprodukt, die sich nach Erreichen der Grundwasseroberfläche entsprechend den örtlichen Grundwasserverhältnissen nach Ostsüdosten ausbreiteten. Im Rahmen der in den 90er Jahren durchgeführten Untersuchungen wurde Mineralöl in Phase am Altstandorte festgestellt. Auch konnte 1990 an Messstellen, die sich etwa 500 m grundwasserstromabwärts des Kontaminationsherdes befanden, noch Mineralöl in Phase festgestellt werden. Insgesamt wurde auf dem Grundwasser aufschwimmende Ölphase bis 500 m im Abstrom angetroffen. [2]

Der Standort ist mittlerweile als „Gesicherte Altlast W6 Mobil“ bekannt [2].

 

Quellen:

[1]…Briefkopf aus einem Geschäftsschreiben der Benzinfabrik Gustav KOENIG&Co, datiert 1917; Sammlung MARSCHNER, Gießhübl (2022)

[2]…https://www.altlasten.gv.at/atlas/verzeichnis/Wien/Wien-W6.html Altlast W6, 23.06.2022

AT | 1190 Wien | Brauerei Nussdorf

Die Brauerei Nussdorf wurde 1819 gegründet und bestand bis etwa 1950 (Fusionierung mit der Schwechater Brau AG) [1]. Zusammenfassende Artikel zur Brauereigeschichte finden sich in den Quellen [1] und [2]. schlot.at möchte an dieser Stelle nicht wiederkäuen, sondern einige wenig bekannte bzw. bisher unpublizierte Belege des Braugeschehens in Nussdorf zeigen.

1819 wurde im ehemaligen Jesuitenhof, Hackhofergasse 9, die Brauerei gegründet [1].

Wohl aus den frühen 1830er Jahren datiert ein tuschegezeichneter handcolorierter Fassadenplan im Maßstab 1:72 [3], der die straßenseitige Ostfront des noch erhaltenen und denkmalgeschützten Gebäudes [4] zeigt.

1860 zeigt sich das Brauereigelände bereits wesentlich erweitert, wobei die Gebäudeanordnung des obigen Fassadenplans noch exakt erhalten ist [5].

Das mit 1887 datierte Foto einer „Bierhalle Nussdorfer Brauerei/Restauration/Caffeehaus“ [6] zeigt das kurz darauf geschleifte sogenannte Lamberg-Schlössl, an dessen Stelle 1889 der Bahnhof Nussdorf errichtet wurde [7].

Bierhalle Nussdorf, 1887 [6]
Um 1890/1900 datiert das folgende Foto von Darre und Malztennen 8+9 [8].

Der ehemalige Jesuitenhof, die Darre und die Malztennen 8+9 sind auf einer brauereieigenen Postkarte um 1900 gut verortbar [9].

Verortung: ehem. Jesuitenhof und Darre [9]
Der bereits 1842 errichtete Nussdorfer Bockkeller [2], ein großer Biergarten mit Aussichtsturm, ist samt Brauerei auf einer 1906 gelaufenen Postkarte abgebildet [10].

Bockkeller und Brauerei, ca. 1906 [10]
Eine Postkarte aus 1909 zeigt die mächtigen Bierhallen der Nussdorfer Brauerei von Osten aus gesehen [11].

Bierhallen, ca. 1909 [11]
Aus der Mitte des 20. Jahrhunderts liegen uns als physische Überbleibsel eine Alka-Kapsel [12] und ein Bierdeckel der Nussdorfer Brauerei [13] vor. Auf letzterem sind die zahlreichen Bierlager in der Umgebung Wiens abgebildet – Klosterneuburg, St. Andrä, Stockerau, Absdorf, Heiligeneich, Königstetten, Tullnerbach, St. Pölten, Obergrafendorf, Mariazell, Krems, Ottenschlag, Gföhl, Ziersdorf, Hollabrunn, Zellerndorf, Eggenburg, Vitis, Gmünd, Heidenreichstein, Litschau.

Bemerkenswert ist, dass nach der Schließung der Nussdorfer Brauerei nach der Fusion mit der Schwechater Brau AG 1950 [2] die am Standort befindliche Mälzerei als eigene juristische Person betrieben wurde: „Nußdorfer Mälzerei Aktiengesellschaft“, Wien XIX, Hackhofergasse 9 (1819). Pächter: Brauerei Schwechat AG [14].

1965 wurde ein Großteil der eigentlichen Brauerei mit Ausnahme des Hauses Hackhofergasse 9 geschleift und neu verbaut [2].

1984 bis 2004 wurde von einem Nachfahren der Brauereidynastie noch „Nussdorfer Bier“ in kleinem Rahmen erzeugt [2].

Quellen:

[1]…geschichtewiki Wien, 13.01.2022

[2]…https://seen-suechtig.jimdofree.com/wiener-brauereien/nussdorf/ , 13.01.2022

[3]…Facade des Brauhauses zu Nussdorf, 1:72, Architektenzeichnung, Eigentum schlot.at-Archiv (2017)

[4]…Ehemaliges Brauhaus Nussdorf/Denkmalschutz, 13.01.2022

[5]…Brauhaus Bachofen & Medinger (1860), 13.01.2022

[6]…Fotografie, beschrieben „Nussdorf 87“, nach Auskunft von P. MARSCHNER das sogenannte Lamberg-Schlössl. Eigentum schlot.at-Archiv (2019)

[7]…Generalstadtplan Wien 1912, 13.01.2022

[8]…Fotografie des Brauereigeländes in Nussdorf, 146 x 102 mm, Fotograf A. Raffelsberger, Wien-Nussdorf, undatiert. Eigentum schlot.at-Archiv (2021)

[9]…Correspondenz-Karte/Nussdorfer Bierbrauerei von Bachofen & Medinger, k.u.k. Hof-Brauer, Wien XIX/2, ohne Datum. Sammlung MARSCHNER, Gießhübl (2021)

[10]…Postkarte „Donau-Panorama/Nussdorf/Bockkeller des k.u.k. Hofbrauhauses. K. Ledermann, Wien, gelaufen 1906, Sammlung MARSCHNER, Gießhübl (2021)

[11]…Postkarte „K.u.k. HofbrauhallenNussdorf, Wien XIX/2, P. Ledermann 1909, Sammlung MARSCHNER, Gießhübl (2021)

[12]…Abriss-Kapsel für Bierflasche, Nussdorfer Brauerei/N, Mitte 20. Jhdt, Eigentum schlot.at-Archiv (2021)

[13]…Bierdeckel Nussdorfer Bier, 108 mm Durchmesser, Guggenbacher Papierfabrik, um 1950. Eigentum schlot.at-Archiv (2021)

[14]…COMPASS VERLAG (1959): Industrie-Compass Österreich 1959, S 1719

AT | Wien | Stadtbahnbögen | Flaschenbierabfüllung, ~ 1910

Eine Gewerbeszene aus dem Wien der Jahrhundertwende: Belegschaft einer Flaschenbier-Abfüllung in einem der zahlreichen Stadtbahnbögen.

Nicht ohne Stolz posiert man vor dem Betrieb. Von regem Umsatz zeugen die zahlreichen hölzernen Bierkisten, die im Vordergrund gestapelt lagern.

Hinweise auf die wohl schwierige Verortung werden gerne entgegengenommen. Foto im Eigentum schlot.at-Archiv (2021).

AT | 1030 Wien | Tabakfabrik Favoriten | 1945

Aufnahme der südöstlich an das Wiener Arsenal angrenzenden ehemaligen Tabakfabrik Favoriten, Blickrichtung SO, Laaer Berg. Die beiden Gebäude im Vordergrund, heutige Arsenalstraße 5, 1030 Wien (Fotostandort und parallel dazu verlaufendes zerbombtes Gebäude) wurden 1905 errichtet [2] und dienten dem damaligen k.u.k. Landwehr-Waffendepot als Verwaltungs- bzw. Magazingebäude [3].

Nach 1918 wurden die Gebäude zur Tabakfabrik Favoriten der Österreichischen Tabakregie umfunktioniert [3] und am Gelände weitere Zubauten, unter anderem 1926 und 1927, errichtet [2].

Dieser erweiterte Gebäudebestand ist auf einem 1935 datierten Luftbild [4] aus anderer Blickrichtung deutlich zu erkennen.

Das oben befindliche Bild [1] zeigt das Ausmaß der 1945 entstandenen Bombenschäden am Gelände der Tabakfabrik.

Aus anderer Perspektive ist ein Kriegsschadensfoto von Carl WINKLER aufgenommen [5].

Teile des Geländes wurden nach dem 2. Weltkrieg noch als Tabakmagazin genutzt [4]. Das genaue Abbruchdatum der Gebäude ist unbekannt [3].

Quellen:

[1]…Foto 172x123mm, anonym, Eigentum schlot.at-Archiv (2021)

[2]…General-Stadtplan Wien nach dem Stande vom August 1946 1:2.500, verfaßt vom Stadtbauamte Wien, Mag. Abt. 54

[3]…Wikipedia, k.u.k. Landwehrdepot, 26.07.2021

[4]…ÖNB, Luftbild der Tabakfabrik 1935, 26.07.2021

[5]…ÖNB, Foto der Tabakfabrik 1945, 26.07.2021

AT | 1100 Wien | Wienerberger Ziegelwerke | Werk Wienerberg | 1913

Seltene, mit 1913 datierbare Fotodokumentation aus den 1820 von Alois Miesbach [1], am Standort des ehemaligen Ziegelofens der KKF (K.u.K. Fortifikationsdirektion) [2] gegründeten Wienerberger Ziegelwerken, Standort Wienerberg.

Eine Kurzbeschreibung der Wienerberger-Geschichte sprengt diesen Rahmen und ist kaum objektiv zu bewerkstelligen, weshalb dazu auf mehrere Websites verwiesen wird, die sowohl ökonomische als auch soziale Aspekte beleuchten sollen:

Wienerberger - Geschichte

Wienwiki-Geschichte

Austria-Forum, Wienerberger

Wiener Zeitung: Die Sandler vom Wienerberg

Die vier Fotos vom Wienerberg [3], wohl alle von Gustav GREINER am 08.08.1913 aufgenommen [4], zeigen:

  1. Lehmgewinnung durch auf Feldbahngleisen fahrenden Förderbagger, Lehmtransport in Loren, Trockenschuppen im Hintergrund.

  1. Schlagerin, Schlagtisch mit Lehmhaufen und Anlieferrampe. Der Lehm wurde durch Männer mittels Schubkarren auf den Schlagtisch befördert. Am Foto ist die Befüllung eines Ziegelmodels und das Abziehen des überstehenden Lehmes zu erkennen. Diese Arbeit wurde durchwegs von Frauen durchgeführt.

Alois Miesbach beschrieb um 1840 die Arbeit des Ziegelschlagens wie folgt:

„[…] Hierorts stehen beim Arbeitstische Mann und Weib. Der Mann macht abends den Ton an, während das Weib den Platz putzt und den Sand ausbreitet, indem ohne Einsandeln kein plastischer Ton geformt werden kann. Früh um 5 Uhr wird im Durchschnitt mit der Arbeit begonnen. Der Mann scheibt den Tegel auf den Tisch und das Weib schlägt Ziegel und leert den Model auf den Platz aus. Um 8-9 Uhr wird gewöhnlich gefrühstückt, dann wieder mit der Arbeit fortgesetzt bis 11 oder 12 Uhr, sodaß bis Mittag Mann und Weib 1500 Ziegel geschlagen und auf den Platz gelegt haben. Es haben auch Schlagerinnen täglich zu 2000, ja, was jedoch einzelne Fälle sind, 2500 bis 3000 Stück geschlagen […]“ [5].

  1. Schlagerin, Schlagtisch, Sandkasten, Wassereimer, frisch ausgeschlagene liegende Ziegel mit dem Firmenzeichen des Eigentümers Heinrich v. Drasche [6] im linken Vordergrund, hochkant gestellte Mauerziegel zur weiteren Trocknung (rechts), Aufseher, überdachte offene Trockenhütte zur weiteren Aufbewahrung vor dem Brand.

Alois Miesbach beschrieb um 1840 die am Foto ersichtliche Szene wie folgt:

„Diese auf geebnete Plätze gelegten Ziegel werden, wenn sie halbtrocken sind, auf ihre schmale, lange Seite aufgestellt und dann, wenn sie eine Festigkeit erlangt haben, daß man sie ungefährdet 5-6 Reihen übereinander stellen kann, in die Trockenschopfen eingetragen und hier nebeneinander und aufeinander geschlichtet, daß überall die Luft gehörig durchstreichen kann. In diesem Schopfen bleiben die Ziegel, bis sie völlig ausgetrocknet [sind] und in den Ofen zum Ausbrennen eingekarrt oder als Vorrat in einem anderen Schopfen aufbewahrt werden können […]“ [7].

  1. Hoffmannscher Ringofen mit Beschickungstüren, Einbringung von Dachziegeln auf Feldbahnwagen, Ausbringung von fertig gebrannten Mauerziegeln auf Schubkarre, Aufseher. Der Ringofen ermöglichte einen durch fortschreitende Verlagerung der gerade befeuerten und mit luftgetrockneten Ziegeln befüllten Sektoren einen durchgehenden Ziegelbrand, vgl. [8].

Da in den zitierten Quellen das 20. Jahrhundert stiefmütterlich behandelt wird, sei an dieser Stelle ein Überblick über den gesamten Konzern anno 1925, 1959 und 1979 gegeben.

1925: Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft AG (1869 gegr.), I., Karlsplatz 1.

Ziegelfabriken und andere Werke:

  • X., Triesterstraße 106 (Wienerberg)
  • Vösendorf
  • Hennersdorf
  • Traiskirchen
  • X., Laaerberg (derzeit nicht in Betrieb)
  • X., Laaerwald (derzeit nicht in Betrieb)
  • X., Oberlaa (derzeit nicht in Betrieb)
  • XVII., Hernals (derzeit nicht in Betrieb)
  • Biedermannsdorf (derzeit nicht in Betrieb)
  • Guntramsdorf (derzeit nicht in Betrieb)
  • Möllersdorf (derzeit nicht in Betrieb)
  • Wiener Neudorf (derzeit nicht in Betrieb)
  • Kalksandziegelfabrik Matzen (derzeit nicht in Betrieb)
  • Ton- und Ziegelwerk Eberschwang
  • Tongrube im Krummnußbaum
  • Kaolinwerk Schwertberg
  • Tonwarenfabrik Wienerberg, X., Wienerbergstraße 11
  • Keramitsteinfabrik Wien X., Triesterstraße 106

Ca. 2.500 Arbeiter, 5000 PS Dampfmotore, Elektromotore, Benzinmotore. Erzeugnisse: 300 Millionen Mauerziegel, 20 Millionen Dachziegel, Verblender, Kaminsteine, Drainageröhren, Kalksandziegel, Pflasterplatten, Klinkerziegel, Schamottewaren, Terrakotten, Öfen, Kamine, Fliesen, Fußboden- und Wandbelagplatten, Majoliken, Kunstkeramik, Steinzeug, Elektroporzellan, Straßenpflaster aus Keramit, Kaolin, Quarzsand [9].

1959: Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft AG (1869 gegr.), I., Karlsplatz 1.

Ziegelfabriken „Wienerberg“:

  • X., Triesterstraße 106
  • Vösendorf, Brunner Straße
  • Hennersdorf
  • Göllersdorf
  • Ernstbrunn
  • Weinsteig
  • Ernsdorf
  • Graz-St. Peter
  • Tonwarenfabrik , X., Wienerbergstraße 11

Diverser Grund- bzw. Gebäudebesitz: Wien I., Wien X. (Laaerwald), Biedermannsdorf, Guntramsdorf, Wiener Neudorf, Möllersdorf, Traiskirchen, Rückersdorf.

190 Angestellte, 2.800 Arbeiter. Erzeugnisse: Mauerziegel, Dachziegel, Drainageröhren, Hohlziegel, Deckenziegel, Klinkerziegel, Terrakotten, Ofenkacheln, Fußboden- und Wandplatten, Baukeramik, keram. Mosaik, Steinzeug. [10]

1979: Wienerberger Ziegelindustrie Gesellschaft m.b.H., Wien X, Wienerbergstraße 11

Ziegelfabriken:

  • Baden, Vöslauer Straße 167
  • Hennersdorf
  • Göllersdorf
  • Laa/Thaya
  • Marz [11]

Quellen:

[1]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 23

[2]…geschichtewiki.wien, 14.05.2021

[3]…4 Fotografien ca. 110 x 80 mm, rückwärtig beschriftet „Wien X“, Eigentum schlot.at – Archiv (2021). Verortung durch Quelle [4] und durch ein fünftes Foto aus dem Konvolut gesichert, welches den nahen Favoritner Wasserturm zeigt.

[4]…Zumindest eines der Fotos aus Quelle [3] liegt auch im Wiener Stadt- und Landesarchiv ein, ist dem Fotografen Gustav GREINER zugeschrieben, am Standort Wienerberg verortet und mit 08.08.1913 datiert: Ziegelei_Wienerberg-Datensatz ,14.05.2021.

[5]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 29

[6]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 51ff

[7]…MERK Grete (1966): Zwei Pioniere der österreichischen Industriegeschichte/Alois Miesbach und Heinrich Drasche. Wiener Forschungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Band 1, Hermann Böhlaus Nachfolger, Graz, S. 30

[8]…Hoffmannscher Ringofen/Konstruktion, 14.05.2021

[9]…COMPASS VERLAG (1925): Industrie-Compass Österreich 1925/26, Band 1, S. 305

[10]…COMPASS VERLAG (1959): Industrie-Compass Österreich 1959, S. 416-417

[11]…COMPASS VERLAG (1979): Industrie-Compass Österreich 1979/80, S. 300

AT | 1220 Wien | Lederfabrik Hermann Spiegler Stadlau

Ansichtskarte um 1900 [1] der damals in Stadlau, Fabriksgasse 141-146, etablierten [2] Lederfabrik Hermann Spiegler.

Der Nachweis der Fabrik Stadlau ist um 1903 [3] und um 1910 [2] gegeben. Hermann Spiegler betrieb in Wien II, Untere Donaustraße 27 ferner eine Lederhandlung [2], welche im Gegensatz zur gleichnamigen Fabrik anhand einschlägiger Branchenbücher noch länger erwähnt wird, z.B. [4].

Quellen:

[1]… AK Nr. 6234, Verlag Josef Popper Wien II, gelaufen am 21.06.1905. Sammlung MARSCHNER, Gießhübl.

[2]…Wiener Taschen-Telephonbuch als Miniatur-Adressbuch. Selbstverlag des “Oest.-ungar. Invalidendank”, Wien I., Bräunerstraße 7. ohne Jahr, um 1910, S. 232

[3]…Österreichischer Zentralkataster sämtlicher Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe […]. II. Band Niederösterreich. Erste Ausgabe, Volkswirtschaftlicher Verlag Alexander Dorn, Wien, 1903. S 496

[4]…Adolph Lehmann’s allgemeiner Wohnungs-Anzeiger nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k.k. Reichshaupt- u. Residenzstadt Wien u. Umgebung Wien, 1912/I/502

 

 

AT | 1030 Wien | Ungargasse 28, Schlot -in Bearbeitung

Der Schlot, der wohl zur Adresse Ungargasse 28 gehört, wurde bisher als Teil der früheren Tierärztlichen Hochschule angenommen. Wahrscheinlicher ist, dass er den letzten Rest der Erzherzog Friedrich’schen Zentral-Molkerei, die im zweiten Weltkrieg zerstört wurde, darstellt. Eine Korrektur des Artikels folgt.

Hier noch der ursprüngliche Artikel zur Tierärztlichen Hochschule:
Ursprünglich die älteste Veterinärschule im deutschsprachigen Raum, 1765 auf Anregung Gerard van Swietens von Maria Theresia gegründet, 1767 als “Pferde-Curen- und Operationsschule” eröffnet und ab 1777 als Tierspital (ab 1795 “Militair-Thierarzneyschule”) geführt.
1808 in Tierarzneiinstitut umbenannt, 1812-50 an die Medizinische Fakultät der Wiener Universität angegliedert. 1823 wurde der Neubau in Wien 3 bezogen, 1850-1920 als Militär-Tierarzneiinstitut wieder dem Kriegsministerium unterstellt.
1897-1905 führte sie den Namen “K. u. k. Militär-Tierarzneiinstitut und Tierärztliche Hochschule” [..].  Erst 1905 nach Gründung einer Militär-Veterinärakademie in Wien [..] konnte die Tierärztliche Hochschule eine eigene Entwicklung nehmen [..]. 1920 wurde sie unter die Verwaltung des Unterrichtsministeriums gestellt und 1975 zur Universität [..] erhoben. [..]

[..] 1995/96 erfolgte die Übersiedlung in den nach Plänen von Sepp Stein errichteten Neubau in Wien 21.1

Der Schlot, der in typischer Ziegelbauweise am Ende eines schmalen, langgezogenen Shedbaus mit geringer Höhe in den Komplex eingegliedert, steht, wurde wohl zwischen 1887 und 1904 als Teil des Erweiterungsbau errichtet.2

Ab 1897 hieß die Schule “K. u. k. Militär-Arznei-Institut und Tierärztliche Hochschule [..]”3

1898 „Neubau eines klinischen Stalles für das Militär-Thierarznei-Institut in Wien [..]“4

– weitere Info und Video: https://www.vetmeduni.ac.at/de/universitaet/


Quellen:
1https://austria-forum.org/af/AEIOU/Veterin%C3%A4rmedizinische_Universit%C3%A4t_Wien, am 16.06.2019, 14:06

2Laut Wien Kulturstadtplan online: https://www.wien.gv.at/kulturportal/public/, am 16.06.2019, 14:06

4Der Bautechniker, 1898, Hauptteil, S. 397,Baunachrichten, am 16.06.2019, 14:06

AT | 1010 Wien | Ausstellung “Marianne Strobl, Industrie-Fotograf”

Noch bis 26.01.2018 läuft im Photoinstitut “Bonartes” eine hochinteressante Ausstellung über eine äußerst erfolgreiche Pionierin der österreichischen Industriefotografie, Marianne Strobl [1]. In den Jahren um 1900 dokumentierte Frau Strobl, deren Spezialität Blitzlichtaufnahmen waren, nicht wenige prestigeträchtige Großprojekte der Stadt Wien wie etwa Bauarbeiten zur Errichtung der II. Wr. Hochquellenwasserleitung [2] oder die Errichtung des Wiener städtischen Gaswerkes Leopoldau [1,2]. Und dies mit Erfolg in einer bis damals absoluten Männer-Domäne.

Im Archiv von schlot.at befindet sich ein bisher nicht identifiziertes Foto, wohl von Bauarbeiten an einem Wasserspeicher (?Hochreservoir Hackenberg) [4].

Marianne-Strobl-Industrie-Fotograf

Quellen:

[1]…Marianne Strobl, wikipedia.org, 20.12.2017

[2]…Die zweite Kaiser-Franz-Josef-Hochquellenleitung der Stadt Wien. Eine Gedenkschrift zum 2. Dezember 1910; Gerlach&Wiedling, Kommissionsverlag der Gemeinde Wien. Anhang.

[3]…Schriftverkehr mit Fr. Ulrike MATZER, Kuratorin der Ausstellung.

[4]…Originalfoto M.Strobl, Industriefotograf, 290 x 230 mm, Eigentum schlot.at

INT | Industrie-Karikatur 2 | Heinz STAUFENBERGER

Skizze einer Karikatur [1] von Heinz K. STAUFENBERGER (1915-1972), einem Wiener Grafiker, der von etwa 1940-1960 österreichische Magazine illustrierte.

Gezeigt wird eine wohl fiktive Großwäscherei MORITZ&Co. [2-3], die im Zuge eines Umbaues Wäsche an der freien Luft trocknet.

Staufenberger_Fabrik

Quelle:

[1]…Skizze, A5 Querformat, Heinz K. STAUFENBERGER (1915-1972), aus Nachlass. Eigentum Archiv schlot.at (2017)

[2-3]…Nachschau im Wiener Fernsprechbuch 1943 und Wiener Telephonbuch/Branchenverzeichnis 1953 negativ.

INT | Industrie-Karikatur 1 | Heinz STAUFENBERGER

Skizze einer Karikatur [1] von Heinz K. STAUFENBERGER (1915-1972), einem Wiener Grafiker, der von etwa 1940-1960 österreichische Magazine illustrierte. Gezeigt wird eine waghalsige Abzweigung von einer Fabriksbesichtigung. Mit garantiert besserem Ausblick. Vor Nachahmung wird allerdings ausdrücklich gewarnt.

Staufenberger_Kamin

Quelle:

[1]…Skizze, A5 Querformat, Heinz K. STAUFENBERGER (1915-1972), aus Nachlass. Eigentum Archiv schlot.at (2017)

AT | 1020 Wien | Rotunde | Innenansicht Sektor Nord | ESKA-Werk Karl SCHULZ | um 1930

Das vorliegende Foto [1] wurde als Aufnahme eines Verkaufsstandes der Firma ESKA-Werk Karl SCHULZ, Waagenfabrik, Wien 15., Sechshauser Straße 60, erworben. Abgebildet sind zwei Repräsentanten in einem Verkaufsstand samt einer Vielzahl an Waagen unterschiedlicher Bauart und Größe. Der Verkaufsstand liegt – wie sich im Zuge der Recherche herausstellte – innerhalb des Rondeaus der Wiener Rotunde, Pfeiler 15, Sektor Nord [A]. Großformatige scharfe Aufnahmen aus dem Inneren der Rotunde sind nicht allzu häufig.

Die Wiener Rotunde, ein monumentales Ausstellungszelt mit 108 m Durchmesser und 84 m Höhe, wurde anläßlich der Wiener Weltausstellung 1873 erbaut und diente danach bis zu ihrer Vernichtung durch Brand am 17.09.1937 immer wieder als Ausstellungsgelände, u.a. für diverse Gewerbeschauen, unter denen in der Zwischenkriegszeit die Wiener Messe eine wesentliche Rolle spielte [B]. Vgl. dazu bzw. zum nächtlichen Aussehen der Rotunde zur Messezeit einen Werbeprospekt [C] für die Wiener Messe der Radio- und Glühlampenfabrik Johann KREMENEZKY, dessen Einband hier abgebildet wird.

An der Stelle der ehemaligen Rotunde befindet sich heute ein Neubau der Wirtschaftsuniversität Wien. Siehe Stadtplanvergleich 1912/2016 [D].

Einen guten Überblick über die Baulichkeit in ihren letzten Bestandsjahren bietet das Luftbild in Quelle E.

 


Über das fotorelevante ESKA-Werk Karl SCHULZ konnte folgende kleine Chronologie erhoben werden:

1925 [2] Waagen-, Gewichte- und Metallwarenfabrik Karl SCHULZ (ESKA-Werk) (1865): 200 Arbeiter, 200 PS-Elektromotor, 80 Betriebsmaschinen. Erzeugnisse: Balance-, Küchen-, Fleischer-, Goliathwaagen, Dezimal-, Laufgewichts-, sowie alle Arten von Magazins- und Viehwaagen, Fuhrwerks- und Brückenwaagen, Handels-, und Präzisionsgewichte in Eisen und Messing.

1959 firmiert die Fabrik unverändert an derselben Adresse [3].

1969 folgte eine Neugründung des Unternehmens, 1979 war es als Waagenfabrik Karl Schulz Gesellschaft m.b.H. in Wien 23., Atzgersdorf, Gatterederstraße 11-15 ansässig [4].

Quellen:

[1]…Foto 210 mm x 156 mm, Innenansicht der Wiener Rotunde, Sektor Nord, Stand der Fa. Schulz Universalwaagen, Eigentum schlot.at (2016)

[2]…Compass Verlag (1925): Industrie-Compass Österreich 1925/26, 593

[3]…Compass Verlag (1959): Industrie-Compass Österreich 1959, 1001

[4]…Compass Verlag (1979): Industrie-Compass Österreich 1989/80, 1017

[A]…Grundriß der Rotunde, 04.08.2016

[B]…Rotunde Wien, 04.08.2016

[C]…Joh. KREMENEZKY (o.J.): METALLUM / Elektrische Glühlampen, Sockel und Armaturen, 88 Seiten, Druck bei J. Gerstmayer, Wien XIV. Eigentum schlot.at (2013); Deckblatt

[D]…wien.gv.at – Kulturportal: Stadtplan 2016 hinterlegt mit Generalstadtplan 1912, 04.08.2016

[E]…Luftbild 7077 “Wien Rotunde”, Postkartenverlag “Donauland”, Wien III./40, Eigentum schlot.at – Archiv

AT | WU | Strombad Kritzendorf | Donau gegen GEVAERT-Film

Ein interdisziplinärer Versuch: Was ist auf einem achtzig Jahre alten Film zu sehen, den die Donau an Land gespült hat?

Die kurze Vorgeschichte:

schlot.at (MM) hat am 08.12.2015 bei Donau-Niederwasser am Strand des Strombades Kritzendorf einen im Sediment steckenden 8mm-Film der Traditionsmarke GEVAERT gefunden. Der Film war auf einer schwarz lackierten Blechspule mit der Stanzung “GEVAERT   MADE IN BELGIUM” aufgewickelt und fast vollständig mit feinkörnigem Fluss-Sediment umgeben. Aus reiner Neugierde wurde der Film geborgen und mit dem Filmmuseum Wien Kontakt aufgenommen.

Bereits am 09.12.2015 meldete sich Paolo CANEPPELE, Leiter der Sammlungen des Filmmuseums, und bekundete Interesse an einer Sichtung des Filmmateriales. Nach Trocknung des Filmes wurde die Sichtung für 19.01.2016 vereinbart. Für den sehr erfahrenen Herrn Raoul SCHMIDT war die Arbeit mit derartigem Filmmaterial laut eigenen Angaben eine Premiere. Auf einem Sichtungstisch wurde der Film mit Spatel und Pinsel sorgfältig vom gröbsten Sediment befreit und nach und nach abgerollt. Die äußersten paar Meter trugen keinerlei belichtete Emulsion, weiter innen konnten verschwommene belichtete Teile des Filmes, jedoch ohne klares Bild, gefunden werden.

Für schlot.at und und das Filmmuseum Wien war die Sichtung eine interessante Premiere. Immerhin schaffte die Donau nicht, sämtliche belichtete Teile des ca. 80 Jahre Filmes auszuschwemmen. Im Folgenden findet sich eine kleine Dokumentation der Fund- und Aufarbeitungssituation.

Vielen Dank an Paolo CANEPPELE und Raoul SCHMIDT für die Aufgeschlossenheit und die Kooperation!

Ein Ersuchen des Filmmuseums: Wenn Sie obsoletes analoges Filmmaterial zu Hause haben, setzen Sie sich bitte mit dem Filmmuseum Wien in Verbindung.

AT | MI | Laa-Pernhofen | Jungbunzlauer

Großes Chemiewerk des Lebensmitteltechnologie-Konzernes Jungbunzlauer im Gemeindegebiet von Laa an der Thaya, Ortschaft Pernhofen. Westlich des Areales befindet sich eine große Betriebsdeponie.

1901 wurde in Pernhofen eine Spiritusfabrik errichtet. [1]

1956 ist der Nordteil des Areals, heute mit zwei Kaminen Standort des Zinkoxiderzeugers Wiehart, als Stärkefabrik ausgewiesen [2].

1962 wurde die Zitronensäureproduktion am Standort aufgenommen. [1]

1972 ist der heutige Jungbunzlauer-Standort als Spiritusfabrik amtlich vermerkt [3].

1986 wurde mit der Produktion von Xanthan begonnen, 2008 wurden die Anlagen um eine Glukosefabrik erweitert. [1].

Die Anlagen erstrecken sich über eine beträchtliche Fläche, es gibt 5 Werkszufahrten und eine Werksbahn, einen Zuckerrübenlagerplatz und eine eigene Maisanlieferungsstelle.

Fotos MM(2011). Verortung folgt.

Quellen:

[1] Jungbunzlauer Geschichte, 23.10.2011

[2] Provisorische Ausgabe der Österreichischen Karte 1:50.000, Blatt 23 Hadres,Ausgabe 1956

[3] Österreichische Karte 1:50.000, Blatt 23 Hadres, Ausgabe 1972

AT | 1020 Wien | Maschinenfabrik Alex. Friedmann

Arbeitszeugnis aus 1925 von der damals bereits sehr bedeutenden Maschinenfabrik Alex. Friedmann, Fabrik und Gießerei am Handelskai 134. Weiterer Fabriksstandort und auch Verwaltung: Wien 2., Am Tabor 6. Filialfabrik in Budapest [1].

Die Fabrik wurde 1871 [3] oder 1868 [2] gegründet und hatte 1925 ca. 500 Mitarbeiter [1]. Als Energiequelle dienten damals eine Dampfmaschine und Elektromotoren mit 155 PS [1]. 1959 lautete der Firmenname Alex. Friedmann Kommanditgesellschaft. Das Unternehmen wurde damals als Maschinen- und Armaturenfabrik bezeichnet und verfügte über dieselben Wiener Standorte wie 1925. Budapest wird als Filialstandort 1959 nicht mehr erwähnt [2].

Auf älteren Google Maps-Bilder wie am unten befindlichen Screenshot besteht der alte Standort noch. Mittlerweile ist die Fabrik dem Erdboden gleichgemacht.

Not-Screenshot...

Erzeugnisse 1925 [1]:

* Injektoren
* Schmierpumpen
* Reduzierventile für Lokomotiven
* Lubrikatoren für Lokomotiven
* Schmierpumpen für Automobile und stationäre Anlagen
* Dampfheizeinrichtungen für Eisenbahnzüge

Erzeugnisse 1959 [2]:

* Injektoren (Dampfstrahlpumpen)
* Dampfdruckminderventile
* Dampfheizeinrichtungen
* metallische Dampfheizkupplungen
* Schmierpumpen
* Achslager mit Druckumlaufschmierung für Lokomotiven und Eisenbahnwagen
* Schmierpumpen für Öl und Fett für stationäre Maschinen
* Injektoren für stationäre Kessel

Die Nachfolgerin der Alex. Friedmann KG ist die Liebherr Transportation Systems GmbH & Co KG [3].

[1] Industrie-Compass 1925/26 Österreich Band 1, Compass Verlag Wien, 535

[2] Industrie-Compass 1959 Österreich, Compass Verlag Wien, 818

[3] Liebherr Transportation

Dokument auf Firmen- Briefpapier im Format A4 (Original Bristo-Papier) mit 2 Stempelmarken à 500 Kronen (1920) bzw. 2.000 Kronen (1922), datiert 14.08.1925, Eigentum Schlot-Archiv.

schlot_map (bei Google Maps)

[googlemaps http://maps.google.at/maps/ms?ie=UTF8&hl=de&oe=UTF8&num=200&start=400&t=h&msa=0&msid=208860042593462835970.00045e0378ac07fc44e68&ll=48.231577,16.396322&spn=0.001408,0.003208&z=17&output=embed&w=300&h=200]

CZ | Bystřice pod Hostýnem | Thonet Möbelfabrik, 1914

Ansichtskartenteil ohne Verlagsangabe, zeigt die zweite von sieben Thonet-Möbelfabriken etwas nördlich von Zlín. Gelaufen 1914.

Die Fabrik wurde 1860 oder 1861 gegründet. Noch heute werden am Standort edle Biegemöbel erzeugt.

Anbei ein Foto eines Stuhles von Thonet aus der Zwischenkriegszeit. Gemarkt wurden die Produkte mit Zetteln und Brandstempeln. Di Datierung nach 1918 geht aus der Art des Etiketts bzw. der Schutzmarke und der Dimension des Brandstempels hervor.

Foto und Stuhl im Eigentum schlot_archiv.

schlot_map (bei Google Maps)

[googlemaps http://maps.google.at/maps/ms?ie=UTF8&hl=de&oe=UTF8&num=200&start=400&t=h&msa=0&msid=208860042593462835970.00045e0378ac07fc44e68&ll=49.403825,17.663355&spn=0.002751,0.006416&z=16&output=embed&w=300&h=200]

NK | Hirschwang | Schoeller&Co, Kartonfabrik, früher Eisen- und Stahlwerk

Nachweise der ab 1888 erfolgten Holzwaren- bzw. Kartonproduktion am Standort Hirschwang:

  • Rechnung der Hirschwanger Holzschleiferei und Holzstoffwarenfabrik Schoeller & Co vom 07.07.1904. Schoeller&Co initiierte die Errichtung einer normalspurigen Materialbahn von ihrem Lager am Payerbacher Bahnhof nach Hirschwang. Die Firma wurde 1916 an die Neusiedler AG verkauft. [2]
  • Detailkarte Payerbacher Bahnhof 1909 mit dem Holzlager der Fa. Schoeller [3]. Eingezeichnet sind alle Gleise, alle Weichen samt Numerierung, die Verladerampe  sowie alle Gebäude (Heizhaus, Kesselhaus, Aufnahmsgebäude, Nebengebäude, Magazin, Werkzeughütte etc.). Im linken Bildteil der eingefriedete Lagerplatz der Firma Schoeller&Co mit Stichgleis vom Bahnhof. Bemerkenswert sind eine eigene Drehscheibe für dieses Stichgleis am Bahnhofsareal sowie die Zweiteilung des Gleises ab der Einmündung in das Lagerplatzgelände Schoeller&Co. Zufahrt für Fuhrwerk getrennt vom Gleis (links im Bild).
  • AK von Hirschwang aus ca. 1960 [4], deutlich zu sehen das Gelände der Kartonagenfabrik Hirschwang, die heute noch unter dem Konzern Mayr-Melnhof am Eingang zu  Höllental besteht.

Kurzzusammenfassung:

Das Areal wurde von 1660 – 1888 als Eisenwerk genutzt, vgl. dazu den Artikel über den nahen Flossofen Edlach. Danach erfolgte die Umgestaltung in eine Kartonfabrik, die nach mehreren Eigentümerwechseln bis heute besteht.

Quellen:

[1] Lehrerarbeitsgemeinschaft Neunkirchen (Hrsg, ca. 1967): Mein Heimatbezirk Neunkirchen. Heimat- und wirtschaftskundliche Arbeitsblätter des Bezirkes Neunkirchen. Franz Feilhauer OGH, Neunkirchen. S.103ff

[2]: Schienenbahnen

[3]+[4]: Eigentum Schlot-Archiv

schlot_map (bei Google Maps)

[googlemaps http://maps.google.at/maps/ms?ie=UTF8&hl=de&oe=UTF8&num=200&start=200&t=h&msa=0&msid=114207467168440045430.00045e0378ac07fc44e68&ll=47.709588,15.807867&spn=0.005775,0.012832&z=15&output=embed&w=300&h=200]